Ca-roH als Vorband zu Lisa Stansfield
Lisa Stansfield auf der Bonner Museumsmeile. Schmusesongs und House-Rhythmen.
Von Stefan Andres
Lisa Stansfield schlug an der Bonner Museumsmeile eher die ruhigen Töne an. www.lisa-stansfield.com
Bonn - Vor gut zehn Jahren hätten Karten für ein Lisa-Stansfield-Konzert vermutlich etwa 50 Mark gekostet und das Open-Air-Zelt in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn wäre bis auf den letzten Platz ausverkauft gewesen. 2002 kosten die Karten 32,10 Euro und mit weniger als 3000 Zuschauern ist das Konzert nur etwa zu einem Drittel ausgelastet.
Stansfields große Zeit scheint vorüber. Von 1990 bis 1992 noch mit internationalen Preisen regelrecht beworfen, ist es seither ruhiger um die Britin geworden. 2001 hat sie mit Face Up ihr jüngstes Album veröffentlicht, dass souliger daherkommt als ihre Vorgänger-Alben.
Dass Stansfield sich nicht mehr als die Pop-House-Maus aus "Coldcut"-Zeiten versteht, zeigt sich bereits an der Vorband Ca-RoH, die das Publikum mit jazzigen Klängen auf den Top-Act des Abends einstimmt.
Pünktlich nach der Tagesschau ist es dann soweit: 20.15 Uhr - die achtköpfige Band betritt die Bühne, bevor Stansfield erscheint und den Abend mit einem neuen Stück, 8-3-1, eröffnet. Mit feschem Kurzhaarschnitt (und ohne Kopfbedeckung !) präsentiert sich die 36-jährige, ganz in schwarz gekleidet, äußerst lebendig und verrät in Gesicht und um den Bauchnabel herum einen erholten, gebräunten Teint.
Gemeinsam mit ihrer beeindruckenden Stimme signalisiert ihre Erscheinung, dass sie in der Lage ist, diesen Abend zu einem Ereignis werden zu lassen. Spätestens mit dem zweiten Song The Real Thing hat sie das Publikum bereits entscheidend in den Hüften gelockert.
Das Stansfield-Publikum rekrutiert sich vorwiegend aus Damen und Herren ab 30, besserverdienend (was natürlich auch an den Eintrittspreisen liegen könnte) und mit Bedacht gekleidet. Das Konzert erweckt auf den ersten Blick den Eindruck einer schicken After-Work-Party mit Musikbegleitung: Man trinkt Sekt oder Wein, selten Bier, unterhält sich und hat eine gute Zeit.
Die Stansfield-Songs passen hervorragend zu dieser allgemein vorherrschenden Sektlaune: Eingängige Refrain-Melodien, unaufdringliche Swing-Rhythmen mit Background-Sängerinnen, Saxophon und Trompete, aufwendige Perkussion sowie die glasklare Stimme von Stansfield, die den Sound ihrer Songs durchweg dominiert und ihnen den Stempel "Exklusiv" aufdrückt.
Beeindruckend, wie sich die Synthesizer-Klänge bei All Woman sanft an Stansfields Stimme anschmiegen und Trompete oder Saxophon den Gesang immer wieder perfekt ergänzen.
Um 21 Uhr bedeutet Stansfield dann mit einem Hemdwechsel, dass es jetzt so richtig losgeht: Immer noch in schwarz, aber dafür heftig glitzernd, schaltet sie mit Tenderly jedoch erstmal einen Gang zurück und animiert zum allgemeinen Schmusen. Immer wieder bremst sie das Publikum mit einer ruhigen Nummer zwischen den tanzbareren Stücken.
Und bei Didn't I ist die Dämmerung dann auch bereits soweit fortgeschritten, dass endlich auch die ersten Wunderkerzen und Feuerzeuge gezückt werden. Zur Belohnung setzt Stansfield zum großen Finale an: Bei Change singt das ganze Publikum begeistert mit, ebenso wie bei Live Together. Beim letzten Song haben sich nicht nur eingefleischte Stansfield-Fans zunächst verwundert am Kopf gekratzt: Zu People Hold On dringen plötzlich House- und Techno-Rhythmen - mit denen übrigens Tori Amos vor einigen Jahren auch die Dancefloor-Charts gestürmt hat - an die Ohren der Gesellschaft und Stansfield zieht mit ihrer hervorragenden Band nochmal alle Register:
Ein echter musikalischer Leckerbissen, mit dem Stansfield ihren Stil zwischen House und Soul brillant vereint. Als Zugabe beglückte Stansfield das Publikum, mittlerweile ganz bei der Sache, schließlich noch mit bekannten Hits wie Never, Never Gonna Give You Up, All Around The World und Its' Got To Be Real. Begeisterung unter'm Zelt und langer Applaus für Sängerin und Band.
Ein gediegener Musikabend im passenden Ambiente mit akkuraten Songs: Eine im wahrsten Sinne des Wortes reife Leistung!